Welttuberkulosetag 24. März

Die Erreger werden durch Tröpfchen in der Atemluft übertragen. Meist manifestiert sich die Erkrankung in der Lunge, doch fast alle Organe können betroffen sein. Der Verlauf kann schwer sein und tödlich enden. Die Rede ist aber ausnahmsweise nicht von COVID-19, sondern von Tuberkulose (TBC). Diese von Bakterien verursachte Erkrankung ist mit global 10 Millionen Infektionen und Jahr für Jahr 1,4 Millionen Todesfällen eine der tödlichsten Infektionskrankheiten. Trotz verfügbarer Therapie sterben weltweit fast 4.000 Menschen pro Tag daran. Rund ein Drittel der Weltbevölkerung ist Träger einer beschwerdefreien, sogenannten latenten Tuberkulose, die aber bei einer Schwächung des Immunsystems ausbrechen kann.

Eigentlich hat es laut WHO gute Fortschritte im internationalen Kampf gegen diese Infektionskrankheit gegeben. Die Corona-Pandemie könnte diese aber jetzt gefährden. Einerseits dadurch, dass vielerorts wichtige Ressourcen wie Fachkräfte und Gelder zur Eindämmung von COVID-19 gebraucht werden und dann bei der TBC-Bekämpfung fehlen; ein Problem, das vor allem strukturell schwache Länder trifft. Andererseits dadurch, dass Tuberkulose-Patienten* aufgrund der Pandemie ihre Behandlungs- und Versorgungstermine nicht wahrnehmen. Eine gefährliche Kombination, die zu einem weltweiten Ansteigen von Tuberkulose und vor allem von multiresistenter Tuberkulose führen kann.

Heimtückische „Schläfer“: Latente TBC

Tuberkulose-Bakterien werden durch Husten oder Niesen übertragen. Der Empfänger atmet sie ein, daher manifestiert sie sich zumeist in der Lunge (Lungentuberkulose), kann jedoch prinzipiell jedes Organ oder Gewebe (Organtuberkulose) befallen. Ob der menschliche Körper die TBC-Infektion abwehren kann oder daran erkrankt, ist von Faktoren wie Ernährungszustand und Immunstatus abhängig. „Tuberkulosebakterien können sich aber auch im Körper abkapseln. Sie sind dann inaktiv, breiten sich nicht weiter aus, können aber jahrelang in diesem Zustand überleben; man spricht von latenter TBC. Betroffene zeigen keinerlei Beschwerden. Erst bei einer Schwächung des Immunsystems kann es, oft erst nach Jahren, zu einer Aktivierung der Erkrankung TBC kommen; man spricht von aktiver TBC,“ erläutert ÖGP-Generalsekretär Prim. Priv.-Doz. Dr. Bernd Lamprecht.

Gefährliche Resistenzen – multiresistente Tuberkulose

„Tuberkulose ist eine heute prinzipiell heilbare Infektionskrankheit, deren Gefahr aber darin besteht, dass eine unzureichende Therapie oder Therapiefehler zur Entwicklung resistenter Tuberkulosebakterien führen, die dann nur sehr schwer oder im schlimmsten Fall nicht mehr therapierbar sind“, so der Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Linzer Universitätsklinikum weiter. In strukturell schwachen Ländern mit wenig gut ausgebauten Krankenversorgungssystemen und hoher Tuberkulose-Inzidenz kann es durch die Überlastung der Gesundheitssysteme durch die COVID-19-Pandemie vermehrt genau dazu kommen: Behandlungen werden abgebrochen oder unzureichend durchgeführt, ein Nährboden für die Ausbreitung von Resistenzen.

Österreich gut gewappnet – dennoch bedenkliche Entwicklung

Das österreichische Gesundheitssystem verfügt über genügend strukturelle und finanzielle Ressourcen, um Tuberkulose-Patienten auch in Zeiten der Pandemie ausreichend und umfassend zu diagnostizieren und versorgen. „Um den Erfolg einer Tuberkulose-Therapie nicht zu gefährden, müssen und können die TBC-Patienten in Österreich auch während der Pandemie weiter behandelt werden“, betont OA Dr. Helmut J.F. Salzer, MPH, Leiter des Arbeitskreises Infektiologie und Tuberkulose der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP). Auch eine rasche Diagnostik ist von größter Wichtigkeit: Wer früh diagnostiziert und behandelt wird, erkrankt nicht so schwer, die Gefahr von Folgeschäden ist weitaus geringer und die Infektionskette schnell durchbrochen.

Aber die Corona-Krise hat auch in Österreich zu Veränderungen geführt: Seit Beginn der Pandemie werden hierzulande weniger, dafür vermehrt schwere TBC-Fälle in den Krankenhäusern registriert. „Wir beobachteten, dass während der Monate der COVID-19-Wellen im Frühjahr und Herbst deutlich weniger TBC-Patienten ins Krankenhaus gekommen sind als im Vergleichszeitraum in den Jahren zuvor. In den Phasen dazwischen sahen wir hingegen vermehrt TBC-Patienten mit deutlich schwereren Ausprägungen. Vermutlich führt die COVID-19 Pandemie wie in vielen anderen Bereichen auch im Bereich der Tuberkulose zu einer Minderversorgung.“

Dies sei aus zwei Gründen sehr beunruhigend: Zum einem, da diese Patienten länger infektiös in ihren Familien, unter Freunden oder mit ihren Arbeitskollegen zusammen sind und somit die Infektionskette größer sein könnte. Zum anderen, weil der Therapieerfolg bei einer schwereren Erkrankung einfach schlechter ist. „Wir sehen dann Patienten mit einem sehr ausgeprägten Befall der Lunge, z.B. mit mehreren und größeren Kavernen, den für TBC typischen Lungengewebsschädigungen, was darauf hindeutet, dass die Erkrankung schon lange besteht.“ Eine Entwicklung, die auch in anderen Ländern beobachtet wird.

Rasche und exakte Diagnostik trotz Pandemie wichtig

Es gilt also, die Infektionskette möglichst rasch zu unterbrechen. Salzer: „Neben möglichst frühzeitiger Diagnose und rascher, leitliniengerechter Behandlung, müssen vor allem auch infektionsgefährdete Personen im engen Patientenumfeld identifiziert, untersucht, aufgeklärt und bei Bedarf behandelt werden.“

Entscheidend, so Salzer, für eine erfolgreiche Tuberkulosekontrolle sei aber auch, bei klassischen Symptomen, wie länger bestehendem Husten, Nachtschweiß, Fieber und Gewichtsverlust, an das mögliche Vorliegen einer Tuberkulose zu denken.

TBC-Telefon – ein Service für Ärztinnen und Ärzte

Da sich Therapie und Management vor allem der multiresistenten Tuberkulose immer herausfordernder gestalten, hat die Klinik für Lungenheilkunde am Kepler Universitätsklinikum in Linz ein kostenfreies telefonisches Beratungsservice für Ärztinnen und Ärzte zu dieser Thematik etabliert. Klinikvorstand Lamprecht: „Ein zunehmend individualisierter Therapieansatz, die weltweit besorgniserregende Zunahme an Patienten mit einer multiresistenten Tuberkulose, Herausforderungen in der Chemoprävention und
-prophylaxe bei rasanter Zunahme an neuen Biologica- und Immuntherapien, sind nur einige der Herausforderungen, die das dynamische Feld der Tuberkulose immer vielschichtiger machen.“ „Daher haben wir dieses kostenfreie TBC-Beratungstelefon ins Leben gerufen“, ergänzt OA Salzer, der ein ähnliches Projekt in Deutschland vier Jahre lang mitbetreut hat. „Ziel ist es, Kolleginnen und Kollegen österreichweit bei der Diagnose und Therapie von Tuberkulose telefonisch beratend zu unterstützen. Ich denke, dass dieses Angebot Management und Outcome von Tuberkulose-Patienten in Österreich verbessern kann.“

https://www.ogp.at/tbc-beratungstelefon-fuer-aerztinnen-und-aerzte/

24. März ist Welttuberkulosetag

Vor über 130 Jahren, am 24. März 1882, präsentierte Robert Koch vor der Physiologischen Gesellschaft in Berlin seine Entdeckung des Tuberkulose-Erregers, Mycobacterium tuberculosis. Dieser Tag wird traditionell als Welttuberkulosetag begangen, um auf die Bedeutung dieser Entdeckung hinzuweisen und auch daran zu erinnern, dass die Erkrankung trotz großer medizinischer Fortschritte noch immer weltweit Tag für Tag rund 4.000 Menschenleben fordert.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text auf eine gendergerechte Schreibweise verzichtet.

 

Kontakt

Prim. Priv.-Doz. Dr. Bernd Lamprecht

Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie
Stv. Dekan für Lehre und Studierende, Medizinische Fakultät, Johannes Kepler Universität
Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde/Pneumologie
Kepler Universitätsklinikum
Med Campus III.
Krankenhausstraße 9
4021 Linz / Austria
Tel.: +43 (0)5 7680 83 – 0
E-Mail: bernd.lamprecht@kepleruniklinikum.at

OA Dr. Helmut J.F. Salzer, MPH
Leiter des Arbeitskreises für Infektiologie und Tuberkulose, ÖGP
Klinik für Lungenheilkunde/Pneumologie
Kepler Universitätsklinikum GmbH
Med Campus III.
Krankenhausstraße 9
4021 Linz / Austria
Tel.: +43 (0)5 7680 83 – 73462
E-Mail: helmut.salzer@kepleruniklinikum.at

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