Anlässlich des Weltlungenkrebstages am 1. August zieht die Fachgesellschaft der österreichischen Lungenfachärzte, ÖGP, eine durchaus erfreuliche Bilanz über die enormen Fortschritte bei den Behandlungsmöglichkeiten von Lungenkrebs. Zugleich dürfen diese Fortschritte aber nicht über die tödlichen Gefahren des Rauchens hinwegtäuschen.

Lungenkrebs zählt zu jenen Krebsarten, bei denen es in den letzten Jahren enorme Fortschritte in Diagnostik und Therapie gegeben hat. Und es ist kein Ende dieser rasanten Entwicklung in Sicht. Dies zeigte sich auch am weltgrößten Krebskongress ASCO im Juni dieses Jahres: Immer mehr Tumormarker können identifiziert werden, immer mehr Therapien und Therapiekombinationen stehen zur Verfügung und immer mehr Patienten* können immer früher von den Vorteilen von zielgerichteter und Immun-Therapie profitieren.

Immer mehr: Zielgerichtete Therapien und Immuntherapie für immer mehr Patienten
Immer mehr Angriffsziele, an denen die Therapie ansetzen kann, werden identifiziert. „Waren es vor rund 10 Jahren etwa 10% der Lungenkrebspatienten, denen wir eine zielgerichtete Therapie anbieten konnten, sind es heute schon rund 30%. Das heißt, wir können immer mehr genetische Veränderungen am Tumor identifizieren und dadurch wird die Gruppe der Patienten, die zielgerichtete Therapien oder eine Immuntherapie erhalten, immer größer. Und diese Entwicklung geht unaufhaltsam weiter“, so Lungenkrebsspezialist Dr. Maximilian Hochmair, Leiter des Arbeitskreises Pneumologische Onkologie der ÖGP (Österreichische Gesellschaft für Pneumologie) und Leiter der onkologischen Tagesambulanz/Tagesklinik der Abt. f. Innere Medizin und Pneumologie der Klinik Floridsdorf (Wiener Gesundheitsverbund).

Immer früher: Moderne Lungenkrebstherapie nicht erst dann, wenn klassische Therapien ausgeschöpft sind
Der Einsatz der modernen Lungenkrebstherapeutika erfolgt zunehmend auch immer früher. Kamen zielgerichtete Therapien und Immuntherapie früher erst in fortgeschrittenen Krankheitsstadien zum Einsatz, wenn die Möglichkeiten von Chemotherapie, Operation und/oder Strahlentherapie schon ausgereizt waren, kommen diese modernen, für Patienten weniger belastenden und effektiv wirkenden Therapieformen nun in immer früheren Stadien zum Einsatz. „Diverse am ASCO vorgestellte Studien weisen darauf hin, dass selbst in der sogenannten neoadjuvanten Therapie, die den Tumor vor der Operation verkleinern soll, damit er besser operierbar wird, eine Kombination von Chemo- und Immuntherapie deutliche Vorteile gegenüber einer alleinigen neoadjuvanten Chemotherapie bringt. “ Und Hochmair weiter: „Die Chemotherapie mit all ihren belastenden Nebenwirkungen wird durch diese Entwicklungen zunehmend zur ‚Add-on-Therapie‘. Für die Patienten bedeutet dies: höhere Ansprechrate, längeres Überleben, deutlich weniger Nebenwirkungen und eine bessere Lebensqualität.“

Immer besser: Tumorprofiling macht’s möglich
Möglich werden all diese Entwicklungen dank der sich ständig verbessernden Methoden der Diagnostik und der engen Zusammenarbeit mit Pathologen. Hochmair: „Wurden die Patienten bis vor kurzem nur auf einen oder einige wenige Tumormarker getestet, kann heute mittels modernster molekularpathologischer Methoden wie dem New Generation Sequencing eine komplette DNA-Analyse, in speziellen Fällen auch eine RNA-Analyse, des Tumors durchgeführt werden. Dadurch kann festgestellt werden, ob der jeweilige Tumor eine jener genetischen Veränderungen aufweist, die als Angriffspunkte für eine zielgerichtete Therapie dienen bzw. gut auf eine Immuntherapie ansprechen. Laufend werden hier neue Erkenntnisse gewonnen und neue Ziele identifiziert.“

Frühere Intervention dank im Blut zirkulierender Tumor-DNA
Lungenkrebsspezialist Hochmair bezeichnet eine rezente Untersuchung zur Bedeutung der Bestimmung der zirkulierenden Tumor-DNA für das Monitoring – also für die Behandlungskontrolle – als besonders spannend. „Die am ASCO vorgestellte Studie bei Patienten mit nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) in einem frühen Krankheitsstadium zeigte, dass mittels einer hochsensitiven Liquid Biopsy, bei der das Blut auf Tumor-DNA hin untersucht wird, ein Wiederaufflammen der Krebserkrankung bereits viele Monate vor einem klinisch erkennbaren Fortschreiten der Erkrankung erkannt werden kann. Dadurch kann natürlich enorm früher therapeutisch interveniert werden. Dies könnte einen echten Paradigmenwechsel in der Diagnostik und Therapie des Lungenkarzinoms darstellen.“

Darm-Mikrobiom und Lungenkrebs
Besonders gespannt darf man auch auf die Ergebnisse von Untersuchungen über den Zusammenhang von Darm-Mikrobiom und Lungenkrebs sein, meint Hochmair: „Eine am ASCO vorgestellte Studie zeigte, dass das Bakterium Akkermansia Muciniphila beim fortgeschrittenen NSCLC-Patienten eine prognostische Aussage zulässt: Ist dieser Keim im Stuhl der Patienten nachweisbar und erhalten diese Patienten eine Immuntherapie, sind sie bezüglich des Gesamtüberlebens eindeutig im Vorteil gegenüber jenen Patienten, die diesen Keim nicht im Stuhl haben. Diesbezüglich laufen weitere Studien, an denen auch unsere Abteilung im Krankenhaus Floridsdorf beteiligt ist.“

Welt-Lungenkrebstag: Nichtrauchen nach wie vor der beste Schutz
Anlässlich des Welt-Lungenkrebstages, der am 1. August begangen wird, warnt Hochmair dennoch eindringlich: „Trotz aller Fortschritte in Diagnostik und Therapie des Lungenkrebses sollte man niemals vergessen, dass Nichtrauchen, ob aktiv oder passiv, nach wie vor der beste Schutz ist. 85% der Lungenkrebspatienten sind oder waren Raucher.“
Menschen, die in Österreich an Lungenkrebs erkranken, haben Glück im Unglück, so Hochmair, denn sie können gewiss sein, die bestmögliche Behandlung zu erhalten: „Aufgrund der hervorragenden Behandlungsstrukturen, der hohen Forschungs- und Studienaktivität auf dem Gebiet des Bronchuskarzinoms nicht zuletzt dank der ÖGP sind wir in Österreich bei der Behandlung von Lungenkrebs weltweit führend.“
 

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text auf eine gendergerechte Schreibweise verzichtet. Alle Bezeichnungen sowohl für Frauen als auch für Männer.

 

Kontakt

OA Dr. Maximilian Hochmair
Leiter des Arbeitskreises Pneumologische Onkologie der ÖGP
Leiter der onkologischen Tagesambulanz/Tagesklinik, Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie, Klinik Floridsdorf (Wiener Gesundheitsverbund)

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Tel.: 01/277 00 – 73820
E-Mail: maximilian.hochmair@gesundheitsverbund.at

 

 

Rückfragen

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Mag. Harald Schenk: 0664/160 75 99, harald.schenk@medical-media-consulting.at

[1] Z.B. IMpower010 (https://ascopubs.org/doi/abs/10.1200/JCO.2021.39.15_suppl.8500), CheckMate 816 (https://ascopubs.org/doi/abs/10.1200/JCO.2021.39.15_suppl.8503)

[2] NGS = Next Generation DNA-Sequencing (kurz: NGS). Mittels dieser Methode kann die genetische „Zusammensetzung“ des Tumors extrem schnell, hoch effektiv und relativ kostengünstig analysiert werden. Dieses molekularbiologische Analyseverfahren ermöglicht die Identifizierung jener Mutationen oder Genfusionen, die als Targets (Ziele) für die Therapie dienen.

[3] LUng Cancer CIrculating Tumor DNA (LUCID)-Studie: https://ascopubs.org/doi/abs/10.1200/JCO.2021.39.15_suppl.8517

[4] https://ascopubs.org/doi/abs/10.1200/JCO.2021.39.15_suppl.9019