Presseaussendung zum Weltnichtrauchertag am 31. Mai

Je früher Jugendliche oder sogar Kinder mit dem Rauchen beginnen, desto schwerer kommen sie wieder davon los. Ursache dafür: Ein jugendliches, sich noch in Entwicklung befindliches Gehirn entwickelt stärkere Abhängigkeiten als das Gehirn eines Erwachsenen. Daher ist es so wichtig, Jugendliche vom Rauchen abzuhalten, betonen Experten* der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) anlässlich des Weltnichtrauchertages. Wie internationale Erfahrungen zeigen, ist dies aber nur mittels strenger Tabakgesetze möglich. Die bestehenden österreichischen Jugendschutzbestimmungen reichen dafür nicht aus, betonen die österreichischen Lungenfachärzte und unterstreichen erneut die Wichtigkeit eines generellen Rauchverbots in der Gastronomie.

„Restriktivere Gesetze bewirken niedrigere Raucherquoten im Jugendalter“, so die auf Lungenerkrankungen spezialisierte Kinderärztin OÄ Priv.-Doz.in Dr.in Angela Zacharasiewicz von der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde im Wilhelminenspital der Stadt Wien. Die Tabakkontrolle ist in Europa generell und vor allem in Österreich seit dem Fallen des (ursprünglich für 1. Mai 2018) geplanten generellen Rauchverbotes in der Gastronomie viel weniger fortschrittlich als in Nordamerika, einigen südamerikanischen und asiatischen Ländern sowie in Australien. Die Expertin betont, dass „Tabakkontrollen und strengere Gesetze nämlich sehr rasch eine sehr positive Wirkung auf das Rauchverhalten im Sinne eines Rauch-Stopps und damit direkt auch auf die Gesundheit der Bevölkerung zeigen. Vielfach ist auch belegt, wie schnell und effizient die Effekte der Tabakkontrolle auf die dadurch sinkende Raucherrate bei Kindern und Jugendlichen sind“[1].

Was Hänschen beginnt, vom dem kommt Hans kaum mehr los…

„Junge Menschen sind für Suchtverhalten leider besonders anfällig. Dies hängt mit der Gehirnentwicklung zusammen“, so Zacharasiewicz. Die Gehirnentwicklung ist in der Kindheit bei weitem noch nicht abgeschlossen, sondern ein lang anhaltender Prozess, der obendrein im Jugendalter noch einmal tiefgreifende Veränderungen mit sich bringt. Stichwort: Pubertät. In dieser Phase der Adoleszenz finden weitreichende „Umbauarbeiten“ im Gehirn der Jugendlichen statt. Dadurch sind Kinder und Jugendliche neurophysiologisch gesehen viel verletzlicher als junge Erwachsene. Und dadurch besteht während dieser Phase das Risiko, rasch und dauerhaft nikotinabhängig zu werden. „Wer früh zu Rauchen beginnt, schadet sich auf vielfältige Weise: Erstens sind all die gesundheitsschädigenden Auswirkungen auf einen jungen Organismus ganz besonders intensiv und zerstörerisch. Zweitens entwickelt sich eine schnellere und noch stärkere Abhängigkeit als wenn im späteren Alter zu rauchen begonnen wird, da die neurologische Entwicklung beim Kind und Jugendlichen noch stärker beeinflussbar ist. Umso früher also mit dem Rauchen begonnen wird, desto schwieriger ist es, später wieder davon loszukommen.“

Vorbildwirkung – ein enorm wichtiger Faktor

Heute weiß man: Kinder nikotinabhängiger Eltern werden dreimal häufiger Raucher als Kinder, deren Eltern nicht rauchen. Zacharasiewicz: „Rauchende Eltern sind also ein deutlicher Risikofaktor für Jugendliche[2],[3].“

In diesem Zusammenhang betont Prim. Univ.-Prof.-Dr. Peter Schenk, Vorstand der Abteilung für Pulmologie am Landesklinikum Hochegg und Präsident der ÖGP, die Bedeutung des generellen Rauchverbotes in der Gastronomie im Hinblick auf Jugendliche: „Solange Zigarettenkonsum in Lokalen für Erwachsene erlaubt ist, wird die Verbindung von Ausgehen und Rauchen mit Erwachsensein assoziiert. Für Kinder und Jugendliche ist das daher geradezu ein Anreiz, es den Erwachsenen nachzumachen und mit dem Rauchen zu beginnen. Neben vielen anderen wichtigen Vorteilen eines generellen Rauchverbotes in der Gastronomie wäre es eben auch von zentraler Bedeutung, diese Verlockung zum Tabakkonsum gar nicht erst entstehen zu lassen.

Was hilft gegen den frühen Griff zur Zigarette?

„Die effektivsten Tabakpräventionsmaßnahmen sind bekannt und nicht teuer, sie müssen nur umgesetzt werden“, meint Zacharasiewicz. Besonders wirksam im Bereich der Tabakprävention bei Kindern und Jugendlichen wirken entweder drastische Warnhinweise auf den Packungen[4] oder neutrale, einheitliche Packungen ohne jeglichen Markenhinweis[5]. Zacharasiewicz: „Viele Jugendliche lassen sich durch das mit der jeweiligen Zigarettenmarke imagemäßig verbundene ‘Lebensgefühl‘ zum Rauchen animieren. Durch Plain Packaging, also neutrale Zigarettenpackungen ohne jeglichen Logo-Aufdruck, wird dieses mit der jeweiligen Zigarettenmarke verbundene Image nicht mehr transportiert. In Australien hat man mit dieser Maßnahme bereits gute Erfahrungen gemacht.“ Eine weitere, hoch effektive Strategie, um Jugendliche vom Rauchen abzuhalten: hohe Zigarettenpreise[6].

Traurig, aber wahr: Verbote wirken besser als Aufklärung

Bekannt ist auch, dass Präventionsmaßnahmen wie Aufklärungskampagnen keine so starke Wirkung zeigen wie erhofft. „Verbote wirken deutlich besser und sollten an erster Stelle stehen[7]. Schulische Aufklärungsprogramme verhindern etwa einen Raucher pro Schulklasse. Strengere Gesetze haben hier eine viel bessere Breitenwirkung“, betont die Expertin.

Wie effektiv derartige Maßnahmen sind und in welchem Ausmaß dadurch positive Entwicklungen angestoßen werden, lässt sich gut am Beispiel Großbritanniens zeigen. Dort wurden in den vergangenen 30 Jahren eine ganze Reihe gesetzlicher Schritte gesetzt, die zu einer deutlichen Senkung der Anzahl vor allem der jugendlichen Raucher geführt haben. „Sobald Rauchverbote in der Öffentlichkeit durchgesetzt werden, nimmt auch die Selbstverständlichkeit eines Rauchbeginns von Jugendlichen deutlich ab[8]“, betont Zacharasiewicz.

Weitere wichtige Maßnahmen sind natürlich auch die erlaubte Altersgrenze bei der Abgabe von Zigaretten und hier zeigt sich besonders deutlich: Umso später der Zigarettenkauf erlaubt ist, desto niedriger ist die Raucherrate bei Kindern und Jugendlichen. Ausnahmslos komplett rauchfreie Schulen, Arbeitsplätze, Spitaler und Kinderspielplätze sollten sowieso selbstverständlich sein.

Prof. Schenk betont abschließend noch einmal die wichtige Signal- und Vorbildwirkung für Jugendliche: „Die weitaus meisten Menschen beginnen in ihrer Jugend zu rauchen. Und wenn Ausgehen und gemütliches Beisammensein in einem Lokal automatisch mit Zigarettenrauch assoziiert werden, hat dies vor allem für Jugendliche eine fatale Vorbildwirkung.“

  1. Mai 2018

 * Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text auf eine gendergerechte Schreibweise verzichtet. Sofern nicht anders vermerkt, gelten alle Bezeichnungen sowohl für Frauen als auch für Männer.

 

Kontakt

OÄ.in Priv.-Doz.in Dr.in Angela Zacharasiewicz
Leitende Oberärztin der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde im Wilhelminenspital, Wien
Montleartstraße 37
1160 Wien
Tel.: + 43/1/491 50-2815
E-Mail: angela.zacharasiewicz@wienkav.at

Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Schenk
Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie
Leiter der Abteilung für Pneumologie am Landesklinikum Hochegg
Hocheggerstraße 88
2840 Hochegg
Tel.: +43-(0)2644-6300-21210
E-Mail: peter.schenk@hochegg.lknoe.at

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[1] Anger S, Kvasnicka M, Siedler T (2011) One last puff? Public smoking bans and smoking behavior. J Health Econ 30:591-601

[2] Leonardi-Bee J, Jere ML, Britton J (2011) Exposure to parental and sibling smoking and the risk of smoking uptake in childhood and adolescence: a systematic review and meta-analysis. Thorax 66:847-855

[3] Minardi V, Gorini G, Carreras G et al. (2014) Compliance with the smoking ban in Italy 8 years after its application. Int J Public Health 59:549-554

[4] Hammond D (2011) Health warning messages on tobacco products: a review. Tob Control 20:327-337

[5] Hoek J, Edwards R, Daube AOM (2015) Standardised (plain) packaging: the time for implementation has come. N Z Med J 128:47-51

[6] Liang L, Chaloupka F, Nichter M et al. (2003) Prices, policies and youth smoking, May 2001. Addiction 98 Suppl 1:105-122

[7] Landman A, Ling PM, Glantz SA (2002) Tobacco industry youth smoking prevention programs: protecting the industry and hurting tobacco control. Am J Public Health 92:917-930

[8] Minardi V, Gorini G, Carreras G et al. (2014) Compliance with the smoking ban in Italy 8 years after its application. Int J Public Health 59:549-554