44. Jahrestagung der Österr. Gesellschaft für Pneumologie – „Lung on air“

2020 ist alles anders. Die „Corona-Pandemie“ hat das Leben weltweit auf den Kopf gestellt. Menschenansammlungen müssen gemieden werden, Veranstaltungen finden zunehmend im sicheren virtuellen Raum statt. So auch die 44. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP), die ursprünglich in der steirischen Landeshauptstadt Graz geplant war und nun von 14. bis 16. Oktober unter dem Motto „Lung on air“ erstmals virtuell abgehalten wird. Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte ÖGP-Präsident Prim. Univ.-Prof. Dr. Ernst Eber die Themenschwerpunkte des diesjährigen Kongresses der österreichischen Lungenfachärzte vor.

Wissenschaftlicher Austausch über die neuesten Erkenntnisse hinsichtlich SARS-CoV-2 und die COVID-19-Erkrankung ist von enormer Bedeutung und Lungenfachärzte* gehören zu jenem medizinischen Fachpersonal, das bei dieser globalen Pandemie eine zentrale Rolle einnimmt. COVID-19 ist daher eines der Schwerpunktthemen der Tagung, die heuer bereits zum vierten Mal gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Thoraxchirurgie (OGTC) durchgeführt wird. Aber auch die vielen anderen wichtigen Themen, Updates und „Hot Topics“ rund um Lunge, Atemwege und ihre Erkrankungen dürfen in Zeiten wie diesen nicht zu kurz kommen und werden auf der Tagung von Referenten aus dem In- und Ausland interdisziplinär und interprofessionell behandelt. Auch und gerade unter diesen Umständen möchten wir als verlässlicher Partner unserem Auftrag – Angebot von Fortbildung und Austausch über aktuelle Entwicklungen – nachkommen.

Die Jahrestagung wurde wiederum gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Thoraxchirurgie organisiert und es wurden auch in diesem Jahr mehrere gemeinsame Sitzungen geplant. Die erste virtuelle Jahrestagung wird von Mittwoch bis Freitag jeweils am Nachmittag stattfinden, aufgrund des virtuellen Formats mit kürzeren wissenschaftlichen Sitzungen, welche parallel in jeweils drei Zeitblöcken abgehalten werden. Auch heuer finden sich unter den Vortragenden und Vorsitzenden nicht nur nationale, sondern auch viele internationale Experten und Expertinnen. Aus gegebenem Anlass haben wir zwei COVID-19 Spezialsitzungen geplant, die das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln (Grundlagenforschung, Epidemiologie, klinische Aspekte) beleuchten. Darauf gehen wir im Lauf dieser Pressekonferenz noch im Detail ein. Darüber hinaus ist COVID-19 auch Thema in weiteren Sitzungen; insgesamt wurden zahlreiche freie Beiträge zu diesem Thema eingereicht, u.a. auch zu einer Untersuchung an über 12.000 Personen im Rahmen der LEAD Studie, einer Wiener Kohortenstudie, die sehr interessante Ergebnisse zur Prävalenz von SARS-CoV-2 Infektionen gefunden hat. Die Präsentation dieser Arbeit findet am Donnerstag, 15. Oktober, in der Zeit von 16.15 bis 17.15 Uhr im Rahmen der oralen Posterpräsentationen statt.

Unter dem Motto „Lung on air“ inkludiert das Programm natürlich auch andere „Hot Topics“ und Updates zu einem Spektrum von Themen, die die gesamte Breite der Pneumologie widerspiegeln.

Kinder in der Pandemie – COVID-19 aus pädiatrischer Sicht

Wir werden natürlich auch die Besonderheiten betreffend COVID-19 bei Kindern ausführlich diskutieren. Nur knapp 8% aller bisher mit SARS-CoV-2 infizierten Personen in Österreich gehörten der Altersgruppe 0-14 Jahre an, gar nur 1,5% waren unter 5 Jahre alt (Stand 08.10.2020). Von über 4.000 Kindern und Jugendlichen mussten bisher nur knapp über 1% stationär behandelt werden, davon eine Minderheit auf Intensivstationen.

Seltenere Infektionen & meist mildere Verläufe

Für Kinder und Jugendliche bestehen damit deutliche Unterschiede zu Erwachsenen, wobei die Ursachen für die altersabhängigen Unterschiede bisher nicht geklärt sind. Kinder werden seltener infiziert, sind seltener und in der Regel milder symptomatisch, und die Symptome sind häufig weniger typisch als bei Erwachsenen. Gängige Hypothesen für die für Kinder typischen abgeschwächten Krankheitsverläufe sind mögliche protektive Rollen einer (1) reduzierten zellulären Expression des ACE2-Rezeptors (das Coronavirus SARS-CoV-2 verwendet den ACE2-Rezeptor, um in die Zellen des Wirts einzudringen; die Expression des ACE2-Rezeptors korreliert positiv mit dem Alter und ist am niedrigsten bei Kindern unter 10 Jahren) bzw. von (2) höheren zirkulierenden ACE2-Rezeptor Spiegeln oder (3) einer sogenannten „trainierten angeborenen Immunität“. Sowohl häufige virale Infekte als auch die Impfungen im Kindesalter könnten zu einem höheren Grad der Aktivierung des angeborenen Immunsystems führen, welcher in einer effektiveren Abwehr von unterschiedlichen Pathogenen resultieren würde. Dies könnte auch schwerere Krankheitsverläufe bei Säuglingen (mit weniger viralen Infekten und einer nur teilweisen Immunisierung) im Vergleich zu älteren Kindern erklären.

Die Infektion von Kindern findet vor allem innerhalb der Familien statt. Es wird angenommen, dass die reduzierte Empfänglichkeit für Infektionen und subklinische Infektionen zu den niedrigeren Fallzahlen bei Kindern beitragen. Eine vertikale Infektion in der Spätschwangerschaft wurde in einem Fall dokumentiert, ebenso der Nachweis von SARS-CoV-2 in der Muttermilch einer infizierten Mutter.

In Studien wurden für Kinder niedrige Raten von Sekundärinfektionen in Schulen (0,5%), Kindergärten (etwa 1%) und unter Haushaltskontakten gefunden. Kinder sind eher nicht die Indexfälle bei Infektionen in Haushalten. Infektionen in Schulen führten bisher nicht zu großen Ausbrüchen.

Dies steht im Gegensatz zu den Gegebenheiten bei der Influenza (Grippe): Hier erkranken Kinder in der Saison als erste und bringen die Infektion mit nach Hause, wo sie Haushaltsangehörige (Eltern und Großeltern) anstecken. Daher schützt die Influenza-Impfung von Kindern Erwachsene bzw. ältere Menschen.

Kinder sind häufiger asymptomatisch als Erwachsene, und die für Erwachsene typischen Symptome Fieber und trockener Husten treten bei Kindern wesentlich seltener auf als bei Erwachsenen; Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns sind bei Kindern ebenfalls untypisch. Durch die häufig milden und unspezifischen Symptome ist jedoch die Unterscheidung zwischen COVID-19 und anderen, häufigeren (Atemwegs-)Infektionen schwierig bzw. klinisch letztlich unmöglich.

Auch schwere Verlaufsformen möglich

In Ausnahmefällen können aber auch Kinder schwer erkranken. Aufnahmen auf Intensivstationen sind häufiger bei Kindern mit Ko-Morbiditäten erforderlich als bei primär gesunden Kindern. Todesfälle sind selten und zum Teil auf eine Komplikation, das sogenannte Hyperinflammationssyndrom (PIMS-TS – Paediatric Inflammatory Multisystem Syndrome Temporally Associated With SARS-CoV-2 bzw. MIS-C – Multisystem Inflammatory Syndrome in Children) zurückzuführen. Die Pathogenese dieses Hyperinflammationssyndroms ist unklar; trotz bestehender Ähnlichkeiten zum sogenannten Kawasaki-Syndrom handelt es sich um ein eigenes Krankheitsbild, bei dem T-Zell Dysregulation und Autoimmunphänomene eine Rolle zu spielen scheinen. Das seltene Krankheitsbild ist assoziiert mit einer SARS-CoV-2 Infektion, äußert sich 4-6 Wochen nach der Infektion in der Regel mit hohem Fieber, hohen Entzündungsparametern und Multiorganbeteiligung bzw. Organdysfunktion, und kann in seltenen Fällen tödlich verlaufen.

Wir sind davon überzeugt, dass wir einer sehr interessanten und spannenden virtuellen Tagung entgegensehen, und freuen uns darauf, wenn auch Sie mit uns „on air“ sind.

* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text auf eine gendergerechte Schreibweise verzichtet. Sofern nicht anders vermerkt, gelten alle Bezeichnungen sowohl für Frauen als auch für Männer.

 

Kontakt

Prim. Univ.-Prof. Dr. Ernst Eber
Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP)
Vorstand der Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde und Leiter der Klinischen Abteilung für pädiatrische Pulmonologie und Allergologie an der Medizinischen Universität Graz
Auenbruggerplatz 34/2
8036 Graz
Tel.: + 43/316/385-12620
E-Mail: ernst.eber@medunigraz.at

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